RABENVÖGEL:

Intelligente Schönheiten - Mythos und Wahrheit

Kolkrabe

 

Der Kolkrabe ist der größte Rabenvogel und damit der größte Singvogel der Erde, fast doppelt so groß wie eine Krähe, einheitlich schwarz mit metallglänzendem Gefieder und einem riesiegen, klobigen Schnabel. Am Hals hat er lange Kehlfedern, die manchmal zottig, manchmal gesträubt sind. Im Flug fällt der große Kopf und sein keilförmiger Schwanz auf. Größenbedingt hat er einen langsameren Flügelschlag als die Krähen. Als einziger Rabenvogel kann er auf dem Rücken fliegen. Aus größerer Distanz ist er durch den völlig verschiedenen Ruf von der Rabenkrähe sicher zu unterscheiden.

Kolkrabe

Länge und Gewicht

Knapp 65 cm. Das Weibchen wiegt 1070 bis 1230 Gramm, das Männchen wiegt 1080 bis 1460 Gramm.

Stimme

Im Flug ist der auffallend von der Rabenkrähe verschiedene Ruf gereiht: „krook-krook-krook“ oder „kropp-kropp-kropp“. Während des Rückenfliegens „rübb-rübb“. Sehr laut ist der Feindruf wie „kraa-(kraa)“, wobei die zweite Silbe nur angedeutet ist. Dem höchst plastischen Verhalten entspricht ein umfangreiches, individuell abgewandeltes Lautrepertoire, an dem sich Partner (neben dem Äußeren) persönlich erkennen. Es gibt Laute als Aufforderung an die Jungen zum Sperren, tief winselnde Zärtlichkeitsäußerungen, Drohlaute usw. und einen plaudernden „funktionslosen“ Jugendgesang. Junge Raben erlernen täuschend echte Imitationen der Lautäußerung anderer Arten einschließlich der menschlichen Stimme. Individuelles Lernen kann situationsentsprechend angeborenes Inventar überlagern. Nur die überlebensnotwendigen, unmittelbar dem Fortpflanzungserfolg dienenden, angeborenen Laute werden nicht durch erlernte ersetzt. Das sind zum Beispiel Alarmrufe, Paarungseinleitung, Bettel- und Standortrufe der Jungen.

Der Ruf des Kolkraben

 

Ein kleines Video, in dem man verschiedene Flugrufe hören kann

Verbreitung

In verschiedenen Unterarten brütet der Kolkrabe in der Holarktis bis in den hohen Norden, auch an den Küsten Grönlands, auf Island und den Inseln des nördlichen Pazifik. Südlich reicht sein Gebiet bis Mittelamerika, Vorderasien, den Himalaya und Teile Nordindiens. Die Nominatform C. c. corax brütet in Europa, West- und Mittelsibirien bis zum Baikalsee. Er fehlt in Europa derzeit in größeren Teilen Frankreichs, Englands und der mitteleuropäischen tieferen Lagen. Als Brutvogel steigt er im Hochgebirge in den Alpen bis auf 2.500 Meter NN, in Nepal bis zu 5.500 Meter NN.

Lebensraum

Der Kolkrabe verfügt über eine sehr breite ökologische Amplitude. Lernfähigkeit und Auffassungsgabe, gepaart mit sehr vielseitiger Ernährung, ermöglichen die Besiedlung vielfältiger Landschaftstypen mit ganzjährig reichem Nahrungsangebot. In Naturlandschaften ist im Winter ein ausreichendes Angebot an Aas notwendig. Dies wird in Kulturlandschaften durch Abfall an Deponien ergänzt oder ersetzt.

Der Kolkrabe stellt hohe Anforderungen an einen störungssicheren Brutplatz. Hierzu eignen sich hohe, alte Bäume mit Schaftstämmen oder in felsigen Gebieten Steilwände. Reine Waldgebiete werden gemieden. Kleinflächiges Mosaik aus Wald und Offenland ist optimal. Die Länge der nahrungsergiebigen Waldränder ist ausschlaggebend für die Lebensraumqualität und damit dichtebestimmend.

Regionale Anpassungen führen zur Bevorzugung bestimmter Habitate („Ökotypen“). So sind in Mitteleuropa die Kolkraben der Alpen (und ihres Verbandes einschließlich des Schwarzwaldes) bevorzugt Felsbrüter in möglichst unzugänglichen Bereichen. Seit Wiederausdehnung ihres Areals kommen aber erste Baumbruten vor: Im Tiefland gibt es regional eine Bevorzugung von Buchen oder Eichen im Westen, nach Osten hin von Kiefern als Horstbaum. Mit steigender Brutdichte und dem Austausch innerhalb der Populationen verschwinden solche Habitatpräferenzen, die bei den reinen Felsbrüterpopulationen sicher auch auf die intensive Verfolgung zurückgingen. In waldarmen Gebieten und bei hoher Rabendichte werden auch suboptimale Brutplätze in Gehölzen, sogar auf Einzelbäumen in der freien Flur bezogen.

Nichtterritoriale Nichtbrütertrupps halten sich tagsüber an möglichst ergiebigen Jagd- und Nahrungsgründen auf (heutzutage oft Deponien) und schlafen gemeinsam an Schlafplätzen in Felswänden, Hangwäldern, Feldgehözen. Trotz der guten Nutzung des Angebots der Kulturlandschaft gibt es bis heute keine Verstädterung der Brutvögel.

Bestandsituation

Der Kolkrabe ist ein klassisches Beispiel für die Ausrottung einer Art aus großen Bereichen ihres angestammten Gebietes und ihre Wiederkehr nach Schonung und Schutz.

In England, Irland, Mitteleuropa und Frankreich wurde der Kolkrabe seit dem 19. Jahrhundert als „Jagdschädling“ intensivst verfolgt (Abschuss und Auslegen von Gift) und schließlich in weiten Gebieten ausgerottet. Die niedrigsten Bestände waren insgesamt in Mitteleuropa um etwa 1940 erreicht. Rückzugspopulationen gab es in den Alpen, in Schleswig-Holstein/Südjütland und von Ostpolen an ostwärts.

In Schleswig-Holstein schon ab 1920, verstärkt aber nach dem Zweiten Weltkrieg und seit den 1960er Jahren (vielerorts wurde die Verfolgung eingestellt) begann die Wiederkehr: Besonders raumgreifend ist der Vorstoß der osteuropäischen Population in Nordmitteleuropa nach Westen. Die Wiederausbreitung am Alpennordrand und von den Westalpen nach Zentralsüdfrankreich sowie in Irland und Schottland und den Pyrenäen verliefen bislang mit viel geringerer Arealausweitung. Zusätzlich gab es Wiedereinbürgerungsversuche in den Niederlanden, im Böhmerwald, in Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Belgien, die lokal die Wiederkehr des Kolkraben gestützt haben.

Dennoch sind bis heute weite Teile des ehemaligen Verbreitungsgebietes in Mitteleuropa nicht wieder besiedelt. Beispiele für Bestände: Niederlande knapp 50, in der Schweiz im Jahre 1980 etwa 1.000, Bayern etwa 300 bis 500, Schleswig-Holstein etwa 400 bis 450, Mecklenburg-Vorpommern etwa 2.000 Brutpaare. In Osteuropa, Nordeuropa und den Alpen ist der Kolkrabe derzeit nicht gefährdet. Andere Populationen sind je nach regionaler Situation potentiell oder vom Aussterben bedroht.

Wanderungen

Selbst im hohen Norden und im Hochgebirge sind Kolkraben Standvögel. Jungvögel verstreichen ab September ihres Geburtsjahres mit großen individuellen Unterschieden. Manche bleiben jahrelang als Nichtbrüter an derselben Deponie, andere zeigen während des Winters große Wanderfreudigkeit und verstreichen bis zu 500 Kilometern. Ostdeutsche Jungraben verstreichen ungefähr bis 100, westdeutsche Jungraben nur bis 50 Kilometer im ersten Kalenderjahr. Nichtbrüter haben in den ersten Lebensjahren große Aktionsradien von bis zu 1.000 Quadratkilometern, Brutpaare dehnen ihre im Winter auf 200 aus. Wandernde Raben können selbst hohe Bergketten und große Wasserflächen überqueren.

Nahrung

Als ausgesprochen vielseitiger Aasfresser richtet sich die Nahrung des Kolkraben nach dem lokalen, regionalen und saisonalen Angebot. Bei den Tieren, die Bestandteil der Nahrung sind, überwiegt der Säugeranteil den Vogelanteil etwa drei zu eins, gelegentlich auch bis zu fünf zu eins. Es werden hauptsächlich Kleinsäuger erbeutet (in manchen Gegenden Nutzung von Wühlmausmassenvermehrungen). Zur Nahrung gehören weiterhin Vögel, deren Eier und Brut, Fische, Reptilien, Frösche. Eine große Rolle (vor allem im Winter) spielt Aas: Fallwild, Aufbruch von Wild, Risse von Wölfen und Adlern, Verkehrsopfer, Weidetier- und Haustierkadaver. Auch frisst der Kolkrabe gern die Nachgeburt von Weidetieren und tötet gelegentlich (schwache) Kitze und Lämmer. Insekten spielen zur Jungenaufzucht eine Rolle.

Vegetabilien werden je nach Saison verwertet: Beeren, Obst, Pilze, Sämereien (Mais auf abgeernteten Feldern). Vor allem die Nichtbrüter fressen (ganzjährig) Abfälle an Deponien. Die Nahrungserwerbstechniken sind angesichts der individuellen Lernfähigkeit und des hoch entwickelten (Sozial-)verhaltens sehr vielseitig.

Die Raben gehen einzeln, als Paar oder als (Nichtbrüter-)trupp auf Nahrungssuche. Aus hohem Suchflug streichen sie zu ergiebigen Nahrungsquellen. Am Boden schreitend werden lohnende Flächen abgesucht. Besonders frisch gedüngte Wiesen oder Ufer mit Spülsäumen werden genutzt. Pickend und mit dem starken Schnabel grabend erreicht der Rabe seine Beute.

In Gebirgsrevieren kennen Kolkraben die lokalen Thermikverhältnisse genau und befliegen das Jagdgebiet auf „energiesparenden“ Routen, geschickt die Aufwinde nutzend. Bei gemeinsamen Vorkommen fressen Kolkraben regelmäßig an der Beute von Wolf oder Steinadler, gelegentlich an der von Uhus und Wanderfalken mit. In Spanien wird selbst Gänsegeiern bisweilen das Aas abgejagt. Der Angriff auf Vögel bis zu Taubengröße gelingt den sehr fluggewandten Raben mitunter sogar in der Luft. Größere Tiere werden nur angegriffen, wenn sie irgendwie beeinträchtigt sind. Raben erkennen die Gunst einer Situation sofort, und können dann zum Beispiel auch Hausgeflügel am Hof (besonders aber an Massenhaltungen) erbeuten.

Weitere Techniken wie das Hochtragen und Fallenlassen harter Objekte (Muscheln, Schnecken, Nüssen) kommt ähnlich vor wie bei den Rabenkrähen. Während Hungerzeiten verstecken Kolkraben vor allem fettreiche Nahrungsbrocken, wobei sie darauf achten, nicht von den schlauen Kumpanen beobachtet zu werden.

Fortpflanzung

Die Weibchen  legen frühestens im dritten, gewöhnlich aber im vierten Lebensjahr. Bei hohen Dichten können erste Brutversuche sogar frühestens im fünften oder sechsten Lebensjahr stattfinden.

Die Paarbildung findet normalerweise im zweiten Lebenswinter im Nichtbrütertrupp statt, erste Paarkontakte aber schon im Sommer zuvor. Im darauffolgenden Frühjahr gibt es dann eine viel intensivere Balzbeziehung mit Partnerfütterungen, Gefiederkraulen und Paarungsversuchen. Im Vorfrühling des dritten Kalenderjahres versuchen sich viele Paare schon am Nestbau, aber es kommt noch nicht zur Eiablage. Einmal verpaart, bleiben sich die monogamen Raben lebenslang treu. Nur bei Partnerverlust gibt es – wie bei anderen Rabenvögeln auch – eine rasche Neuverpaarung (mit einem Vogel aus der Brutreserve). Bei erfahrenen Brutvögeln ist der Höhepunkt der Balzhandlungen im Januar/Februar vor Beginn des Nestbaus. Schon zu Ende des zweiten Kalenderjahres markiert ein junges Paar, die Nichtbrütergemeinschaft verlassend, ein Revier. Aber frühestens nach dem dritten Winter wird dort gebrütet.

Reviergrößen und Siedlungsdichte sind schwierig zu ermitteln, weil die Raben als sehr gute Flieger äußerst mobil an verschiedenen Warten ihres Reviers auftauchen, oft mehrere Kilometer vom Nest entfernt (und so doppelt gezählt werden können). Auch Nistplatzwechsel innerhalb des großen Reviers führt zu Überschätzungen des Bestandes. Das „Allzweckrevier“ eines Paares ist je nach Qualität 1.000 bis 5.000 Hektar groß, minimale Horstabstände betragen bei linearer Anordnung (Gebirgstäler) 400 Meter.

Die Bevölkerungsdichte beträgt je nach Landschaft und Lebensraum zwischen etwa 0,5 und 10 Brutpaare pro 100 Quadratkilometer. Beispielsweise wurden im Wallis auf 100 Quadratkilometern drei Brutpaare und zehn Nichtbrüter gezählt. Hohe Dichten finden sich in Schafzuchtgebieten (zum Beispiel 21 Brutpaare pro 100 Quadratkilometer in Wales bei hohem Aufkommen von Schafkadavern).

Ihren Revieren bleiben die Raben über Jahre treu (über 20 Jahre in Folge sind nachgewiesen), auch dann wenn nicht gebrütet wird. Der von beiden Partnern gewählte Neststandort liegt in einer Felswand, auf einem Baum, Selbst Gittermasten oder Viadukte wird gewechselt, besonders wenn die Brut nicht erfolgreich ist.

Das Nest ist ein mächtiger Horst mit durchschnittlich 70 cm Breite und 45 cm Höhe (neue Nester können auch kaum größer sein als Krähennester, langjährig benutzte dagegen riesig und über 1,5 m hoch). Beide Partner bauen am Nest, wobei der Rohbau mehr Sache der Männchen, die Muldenauskleidung mehr die des Weibchens ist. Als Kälteisolierung wird dick mit Haaren und Fellfetzen ausgepolstert. Die Bauzeit beträgt etwa drei Wochen, meist bis kurz vor Eiablage. Kolkraben sind Frühbrüter. Ausnahmsweise schon Ende Januar (in einem milden Winter), in Mitteleuropa mit Höhepunkt zwischen Mitte Februar und Mitte März werden drei bis sechs Eier in Abständen von 24, selten 48 Stunden gelegt, die auf grünlichblauen oder hellgrünem Grund grau, braun oder oliv gesprenkelt sind.

Nur das Weibchen brütet. Es beginnt nach Ablage des zweiten Eies. In Brutpausen kann auch der Partner die Eier bedecken. Nur bei frühem Gelegeverlust kann es Nachgelege geben (oft nur ein oder zwei Eier). Nach einer Brutdauer von 21 Tagen schlüpfen die Jungen (die letzten asynchron). In den ersten 14 Tagen hudert das Weibchen meist fest, das Männchen versorgt die Familie. Zunächst füttert nur das Weibchen die jungen mit zerteilter Beute, nach der Huderphase versorgen beide Alten die sperrenden Jungen. Diese werden bei Hitze auch (aus dem Kehlsack) getränkt oder mit dem nassen Bauchgefieder des vorher zum Baden geflogenen Weibchens erfrischt. Bei guter Versorgung sind die Größenunterschiede der asynchron geschlüpften Nestgeschwister nach vier Wochen nicht mehr zu sehen. Im Alter von 43 – 46 Tagen verlassen sie, noch nicht voll flugfähig, den Horst. Ein ausgeprägter „Nachfolgertrieb“ hält sie bei den Eltern, deren Verhaltensweisen und Reaktionen sie lernend folgen. Sie werden weitere 50 – 60 Tage geführt und gefüttert, bevor sich die Familie im Spätsommer auflöst, die Jungen verstreichen und die Altvögel im Revier bleiben.

Der Erfolg der Bruten wechselt, ist abhängig von der Lebensraumqualität, von der Siedlungsdichte der Kolkraben (geringerer Erfolg bei höherer Dichte). Zwischen etwa 2 und 3,3 flügge Junge pro anwesendes Brutpaar sind in verschiedenen Populationen ermittelt worden. Bruten auf Laubbäumen sind erfolgreicher als auf Nadelbäumen. Im Gebirge sind Felsbruten erfolgreicher als Baumbruten. Frühere Eiablage begünstigt den Erfolg. Die Verluste durch menschliche Störungen sind auch heute noch gebietsweise enorm hoch und machen etwa die Hälfte der Brutverluste aus. Natürliche Verluste können auf innerartliche Störung zurückgehen. In Gebieten mit sehr hohen Dichten scheinen selbst erprobte Brutpaare auf weitere Brutgeschäfte zu verzichten (so in der Umgebung Berlins). Bestandssättigung führt offenbar zur Zurückhaltung und zum „Kräftesparen“. Stürme, nasskalte Witterung und dadurch erschwerte Erreichbarkeit der Aufzuchtnahrung für die jungen Nestlinge können den Bruterfolg ebenfalls stark beeinträchtigen.

Noch immer aber ist der Mensch in vielen Gebieten der „Hauptfeind“ des Kolkraben, der keine natürlichen Prädatoren fürchten muss, und den Großteil der jährlichen Sterblichkeit geht auf das Konto der Verfolgung. Die Sterblichkeit ist im ersten Lebensjahr etwa 45 %. Das höchste aus dem Freiland bekannte Alter beträgt etwa 20 Jahre.

Verhalten

Ähnlich wie bei der Aaskrähe gibt es in der Rabenbevölkerung eine Aufteilung in revierbesitzende (ältere) Paare und nichtterritoriale Nichtbrüter, meist Jungraben in den ersten Lebensjahren. Die Zusammenrottung in Trupps ermöglicht aber diesen, auch wenn in der Hierarchie niedrig stehend, an Fressplätzen zum Zug zu kommen. Sind es mehr als neun im Trupp, werden sie nicht mehr von den ranghohen Revierbesitzern behelligt. So können sie, nicht ständig in Auseinandersetzungen verwickelt, rascher fressen als Vögel, die alleine sind. Da sich die Altraben wenn es Streit gibt, eher mit den ernstzunehmenden, ranghöheren Jungen auseinandersetzen, lohnt es sich auch für die schwächsten der Gruppe, im Schwarm zu bleiben, um sozusagen im Schatten der Ranghöheren zu fressen. Die Truppgrößen wechseln je nach Zustand der Population und nach gerade genutzter Nahrungsquelle. An Kadavern kommen zehn bis 50, auf frisch gedüngter Feldflur bis etwa 140, an Deponien bis über 400, und bei intakten Kolkrabenpopulationen an Schlafplätzen mit sehr großem Einzugsbereich sogar bis über 600 Kolkraben zusammen.

Diese Ansammlungen sind kein Zeichen für „Übervermehrung“, sondern notwendiger Teil des Sozialsystems und -verhaltens. So kommt es vor, dass rangniedere Weibchen, die wie Jungvögel betteln, von ranghöheren („Fremden“) im Schwarm gefüttert werden. In der Jugendbalz dient der Schwarm dazu, während gemeinsamer, eindrucksvoller Flugspiele, in denen richtiggehende Kunststücke wie Rückenflug, Schleifen- und Schraubenflüge, Sturzflüge, Loopings und Wellen-Gleitflug vorgeführt werden, geeignete Partner kennenzulernen und auszuwählen.

 

Quelle: Epple Wolfgang (1997): Rabenvögel. Göttervögel – Galgenvögel – ein Plädoyer im “Rabenvogelstreit”. Karlsruhe: Braun.
Updated: 18/10/2015 — 16:50
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