Auf einem Baum war ein Elsternnest, der Fuchs ging an den Baum und rief: „Ich schlag den Baum um, will daraus einen Kahn machen.“ Die Elster sagte: „Schlag ihn nicht um, ich habe hier fünf Junge, und sie sterben alle, wenn der Baum fällt.“ Der Fuchs sagte: „Wenn du mir eines von deinen Jungen gibst, dann laß ich ihn stehen.“ Die Elster gab ihm eines.
Am nächsten Tage ging der Fuchs wieder hin und sagte: „Ich habe keinen gleich guten Baum gefunden.“ Die Elster sagt: „Wenn du ihn dennoch stehen ließest.“ Da gab sie ihm wieder ein Junges.
Die Krähe kam dann zur Elster geflogen – sie waren miteinander sehr befreundet – und fragte: „Wo sind denn die Jungen geblieben?“ Die Elster sagte: „Der Fuchs ist an zwei Morgen hier gewesen und hat sie genommen, sonst hätte er den ganzen Baum umgeschlagen.“ Die Krähe sagte: „Bist du aber dumm, womit wollte er denn den Baum abschlagen, hat er doch weder Messer noch Axt.“
Als der Fuchs zum dritten Male kam, da sagte er wieder: „Noch immer habe ich keinen so guten Baum gefunden, jetzt werde ich ihn doch umschlagen, wenn du mir nicht noch eines von deinen Jungen gibst.“ Die Elster lachte und sagte: „Womit willst du denn einen Baum fällen, hast du doch weder Messer noch Axt?“ Der Fuchs sagte: „Wer hat dich so schlau gemacht? Sicher die Krähe, aber auch sie werde ich noch betrügen.“
Er geht auf das offene Feld und läßt seine Zunge aus dem Maul hängen. Dann legt er sich hin wie tot. Die Krähe kommt und geht um den Fuchs herum. Schließlich springt sie auf ihn und pickt in seine Zunge. Pickt einmal, pickt zweimal, da schnappt der Fuchs die Krähe und will sie fressen. Die Krähe sagte: „Laß uns dort ins Gebüsch gehen, sonst lachen die Leute, wenn du hier ein Tier bei lebendigem Leibe frißt.“ Der Fuchs trägt die ihm aus dem Maul hängende Krähe weiter, die Krähe sagte: „Laß mich los, ich werde schon neben dir hergehen.“ Der Fuchs dachte gar nicht mehr daran, daß sie ja fliegen konnte, sobald er sie losließ. Da war die Krähe auch schon in der Luft, und der Fuchs mußte erkennen, daß nicht alle Schläue in seinem Kopf saß.
(Lauri Simonsuuri, Pirkko-Liisa Rausmaa, Finnische Volkserzählungen, Berlin 1968)